Maldingen
Dorfwettbewerb: 400-Seelen-Dorf hat noch viele Projekte für die Zukunft – Preisverteilung im Dezember in Bayern
Zum 17. Mal richtet die Europäische ARGE für Landentwicklung und Dorferneuerung den Wettbewerb zum „Europäischen Dorferneuerungspreis“ aus. Mit dabei ist in diesem Jahr Maldingen, das 2013 zum Siegerdorf gekürt wurde. Am Dienstag war die Jury im Rahmen des aktuellen Wettbewerbs im Süden Ostbelgiens zu Gast. Von Gerd Hennen
Wettbewerb richtet sich an Dörfer in ganz Europa, die nach einer Bestandsaufnahme auf eine dauerhafte, sichtbare ländliche Entwicklung setzen und hierbei kooperative Aktionen und Pläne realisieren.
„Das Dorf lebt und hier zu leben, das ist es uns wert“, ist ein Slogan der Maldinger Dorfgruppe, die am Dienstag die internationale Jury zu einer Begehung zu Gast hatte. Dieser Dorfwettbewerb ziele darauf ab, den Bürgern die Augen zu öffnen, damit interne Schwächen und Probleme in Eigendynamik gelöst, sowie Stärken noch besser hervorgehoben werden können, so Arthur Jodocy von den Ländlichen Gilden.
21 Teilnehmer aus zwölf Ländern haben ihre Teilnahme beim Dorfwettbewerb bekundet und versuchen hierbei, ihre Stärken und Schwächen unter dem Motto „Brücken bauen“ zu analysieren.
Jury mit Vertretern aus der Schweiz, Deutschland, der Slowakei und Ungarn
Mit Lisa Angela Landert vom Bundesamt für Landwirtschaft, Raum und Strukturen aus dem schweizerischen Bern, Tanja Mayer, Lehrbeauftragte für Geoinformation an der Hochschule München, Zlativa Csontos Simonakova vom Umweltministerium der Slowakei und Szabolcs Bérczi von der Gesellschaft Ungarischer Urbansten aus Budapest besuchte eine interdisziplinär und international bestbesetzte Jury das 400-Seelen-Dorf in der Gemeinde Burg-Reuland.
Die dynamische Dorfgruppe, die ihre Tätigkeit nach dem erfolgreichen Projekt der Viehtränken-Revitalisierung als VoG fortsetzt, blickt auf eine kurze, aber erfolgreiche Geschichte zurück, in der zahlreiche kleine, den Zusammenhalt innerhalb der Dorfgemeinschaft fördernde Maßnahmen realisiert werden konnten. Entsprechend selbstbewusst zeigten sich die Verantwortlichen um Präsident Hansi Krings: „Wir können auf das bisher Erreichte stolz sein, möchten uns aber keineswegs auf unseren Lorbeeren ausruhen, denn Stillstand bedeutet stets Rückschritt“, so der Tenor. Man sieht sich in Maldingen auf dem richtigen Weg, denn seit der ersten Bewerbung 2011 hat die Dorfgemeinschaft in allen Belangen damit begonnen, Brücken zu bauen. So konnte eine deutlich bessere,Wertschätzung für die im Dorfleben involvierten Vereine geschaffen werden, so dass unter dem Leitmotiv „Unser Dorf soll Zukunft haben“ Projekte im Rahmen des historischen Erbgutes, der Lebensqualität, der Verkehrssicherheit, des Wohnraumes und des sozialen und intergenerativen Miteinanders verwirklicht wurden.
In einem kurzen Imagefilm gingen die VoG-Verantwortlichen auf diese Errungenschaften ein. Ob das verbindende Vereinslokal, die Neugestaltung der alten Viehtränke, das Anlegen eines naturnahen Ruheplatzes, die Maßnahmen zur Steigerung der Lebensqualität durch diverse Verkehrsberuhigungs-Projekte, die Instandsetzung des Kirchplatzes, eigene Wanderrouten, Wildblumenwiesen, das Einbeziehen der Dorfschule ins Gemeinschaftsleben, die Schaffung einer Dorfwebseite, das Info-Dorfblatt, die Senioren-Gruppe und eine beispielhafte gelebte Nachbarschaft: All dies seien nur Eckpunkte, die die Pfeiler der dynamischen „Dorfbrücken-Konstruktion“ belegen.
Willkommenskultur zeigt sich in Partnerschaften.
„Wir sind durch diese Wett bewerbe offener geworden, so dass wir wichtige Brücken zu den Menschen bauen können. Ein gutes Beispiel ist die Pilgerpartnerschaft mit Lendersdorf bei Düren, die im vergangenen Jahr ihren 300. Geburtstag feierte“, bemerkte Hansi Krings weiter. Das Gefühl des „Willkommenseins“ führe dazu, dass in Maldingen unmissverständlich „Gemeinschaft gelebt“ wird. Die VoG hat sich jedenfalls auf die Fahne geschrieben, auch weiterhin als „Brückenbauer“ zu fungieren und die Harmonie und die Dynamik innerhalb der Dorfgemeinschaft voranzutreiben.
„Für uns als Dorfgemeinschaft ist es wichtig, dass die Ideen und anstehenden Aufgaben der Dorfgemeinschaft einen Mehrwert bringen. Diese Aufgaben sollten grundsätzlich umsetzbar, zeitlich machbar und vor allem finanzierbar sein“, so Wolfram Schrankel.
Als zukünftige Herausforderungen wurden im Rahmen eines von Prof. Dr. Ing. Henning Bombeck und Dr. Ute Fischer-Gäde durchgeführten Workshops die Schaffung individueller Treffpunkte, die Schaffung von Naturräumen, die Stärkung der Dorfgruppe, Angebote für intergenerationelle Begegnung, die Schaffung von Wohnraum sowie die Sicherung der Nahversorgung als Schwerpunkte definiert und ins Visier genommen.
Der Filmpräsentation folgte eine Führung durch das Dorf. Hier präsentierten sich die einzelnen Vereine und Dorfakteure und boten beispielsweise Einblicke in die Probearbeit des Laientheaters, die Kirmestraditionen und die Kirchengemeinschaft. Entlang des Rundweges erklärten die VoG-Verantwortlichen indes Historisches zur Eisenbahn, zum kulturellen Dorfleben in Form des Musikvereins und des Amateurfußballklubs und gingen auch auf aktuelle Probleme in Bezug auf Wohnraum und Energetik ein. Nach diesem mehrstündigen, aber kurzweiligen Spaziergang durch das Dorf versammelte sich die Dorfgemeinschaft zusammen mit der Fachjury zu einem letzten Fazit im Dorfhaus.
Hier lobte Tanja Mayer vor allem das facettenreiche Engagement der Maldinger, die offensichtlich keine Mühen scheuen, ihrem Dorf Leben einzuhauchen. Auch Lisa Angela Landert zeigte sich ob der tollen Einblicke zufrieden: „Wir haben vieles über die Projekte erfahren und vor allem auch die Gesichter dahinter kennenlernen dürfen. Maldingen kann stolz auf das Erreichte sein“, so die Bernerin anerkennend.
Szabolcs Bérczi zeigte sich besonders von der Zukunftsplanung angetan: „Natürlich sind beispielhafte Projekte realisiert worden, doch hier in Maldingen hat man eine Art Weitsicht, die es sonst nicht überall gibt. Hier gibt es Zukunftspläne, die konkret definiert und geplant werden. Das ist ein Beweis für Dynamik und Elan innerhalb einer Dorfgemeinschaft“, meinte der Stadtplaner aus Budapest.
Siegerehrung findet im Siegerdorf 2020 in Bayern statt.
Im Dezember soll die Jury eine Entscheidung fällen und den diesjährigen Sieger küren. „Die Platzierung ist für uns zweitrangig, denn für uns geht es mehr darum, die weitere Entwicklung unseres Dorfes voranzutreiben und weiterhin Brückenfunktionen wahrzunehmen. Der Wettbewerb ist ein Gradmesser, der neuen Schwung in unsere Arbeit bringen kann“, resümierte Hansi Krings abschließend.
Die Dorfgemeinschaft hat jedenfalls ihre Hausaufgaben mit einer glatten 10/10 bestanden und freut sich auf die Entscheidung und den Besuch bei der Siegerehrung im Siegerort 2020, der Gemeindeallianz Hofheimer Land in Bayern, wo Maldingen als Botschafter Ostbelgiens auftreten wird.
Unterwegs erhielten die Besucher interessante Einblick in die Vereinswelt, beispielsweise hinter die Kulissen des Theatervereins.
Vertreter des Junggesellenvereins stellten die verschiedenen gelebten Traditionen in der Dorfgemeinschaft vor.
Quelle: Grenz-Echo 06.10.2022