Maldingen
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Ein Denkmal als Ausdruck der Hoffnung

Wallfahrt: Fußpilger von Lendersdorf nach St.Hubert mussten zum zweiten Mal in Folge zwangspausieren

Seit 300 Jahren pilgern Gläubige jedes Jahr auf achttägiger Wallfahrt von Lendersdorf nach St-Hubert. Zum zweiten Mal in Folge fiel der anspruchsvolle Pilgerfußmarsch leider der Corona-Pandemie zum Opfer. In Gedenken an die Gründer der Wallfahrt errichtete die Lendersdorfer Hubertusschützenbruderschaft, die seit 1720 für den „Grand Pèlerinage des Allemands“ verantwortlich zeichnet, ein Denkmal in Maldingen.

Die Hubertus-Schützenbruderschaft aus Lendersdorf errichtete ein Denkmal an der Kirche in Maldingen, einer Zwischenstation der jährlichen Fußwallfahrt nach St-Hubert.

Der Gedenkstein wurde vor einigen Tagen von der Firma Schiffer aus St.Vith vor der Pfarrkirche in Maldingen aufgestellt. Zwischen Lendersdorf und Kalterherberg gibt es bereits eine ähnliche Gedenktafel.

Der Kult des Heiligen Hubertus entstand im 9. Jahrhundert quasi aus einer Not heraus: Die Tollwut grassierte in der gesamten Region und wurde für die Menschen zu einer großen Bedrohung, wusste man doch weder mit der Krankheit noch mit ihrem Ursprung umzugehen.

Die letzte große, internationale Fußwallfahrt Europas 

Gottesfurcht und der Respekt vor der Natur sorgten im Mittelalter für eine große Volksfrömmigkeit. Erkrankte beteten um den Segen des Heiligen Hubertus. Die Lendersdorfer Wallfahrt oder die „Große Deutsche Wallfahrt" gilt als die letzte große internationale Fußwallfahrt in Europa. Sie wird nachweislich seit 1720 jedes Jahr abgehalten, nachdem Bewohner aus Lendersdorf ein Gelübde abgelegt hatten, um das Ende einer Tollwut-Epidemie mithilfe des göttlichen Beistands zu erreichen. Die Pilger gehen seither alljährlich während acht Tagen eine Strecke von 320 Kilometer.

An Christi Himmelfahrt verlassen die Pilger Lendersdorf, ein kleines Dorf in der Nähe von Düren, und durchqueren die deutsche Eifel, das luxemburgische Ösling und die belgischen Ardennen, um schließlich in St-Hubert anzukommen. Die Reiseroute ist seit 300 Jahren fast unverändert, folgen die Pilger doch immer noch bestimmten Abschnitten  der Römerstraße Köln-Reims. Der Prozession gehen das Kreuz sowie die Fahne des Heiligen Hubertus voraus. Unterwegs rezitieren die Pilger  zahlreiche Rosenkränze und Gebete. In der Vergangenheit folgte der Prozession ein Pferdewagen, der die Rolle des Besenwagens übernahm und zudem auch die Taschen der Pilger sowie Lebensmittel und Getränke beförderte. Heute ist das Pferdegespann durch einen Lkw oder einen Traktor ersetzt worden. 

Die Beweggründe für die beschwerliche und anstrengende Pilgerwanderung waren und sind vielschichtig. Vor 300 Jahren waren es Pilger, die selbst krank waren oder aber Bekannte und Verwandte hatten, die bereits infiziert waren oder sich in großer Gefahr befanden, sich anzustecken. Diese nahmen ihren Wanderstab und gingen in die Abtei der Heiligen Peter und Paul in den Ardennen. Der Volksglaube war davon überzeugt, dass diese Menschen an einem Übermaß an unreinem „schwarzenBlut“  litten, das sie erhitzte, gewalttätig mache und allmählich in Tiere verwandele. Mit einem Messer machte der Priester einen etwa zwei Zentimeter langen  waagrechten Schnitt auf der Stirn des Kranken und legte einen Faden von der Stola des Heiligen Hubertus in die Wunde. 

Der Kopf des Kranken wurde danach mit einem schwarzen Tuch umwickelt, das er neun Tage tragen musste. Während dieser Zeit musste der „Geschnittene“ sich streng an die vorgegebenen Richtlinien halten. Nach Ablauf der „Novene“ wurde der Verband verbrannt. Diese Form der Heilung fand erst mit der Entdeckung des Rabiesvirus zu Beginn des  20.Jahrhunderts endgültig ihr Ende. 

Die Wallfahrt scheint an Faszination jedenfalls auch in unserer modernen aufgeklärten Welt nichts eingebüßt zu haben, machen sich doch alljährlich zwischen 70 und 100  Pilger auf die 320 Kilometer lange Strecke. Die Menschen sind auf der Suche nach innerer Erkenntnis.  Ähnlich wie der Jakobsweg, der sich trotz der globalisierten und digitalisierten Gesellschaft einer wachsenden Beliebtheit erfreut, ist die Hubertus-Wallfahrt für viele Menschen eine Möglichkeit der Entschleunigung und des Innehaltens. 

„Natürlich ist es heutzutage schwierig,  zwischen Pilgern und Besuchern zu unterscheiden, aber das ist nicht der Punkt. Der Wert einer Reise ist die freie Wahl, die Wette auf die körperliche Anstrengung, auf das gemeinsame Aufbrechen, die Herausforderung der Verbindungen mit dem Glauben, das Vertrauen in unbekannte Kräfte, die uns überragen. Unser Schutzpatron versteht es, Gebete, die Gemeinschaft  mit den Heiligen,  die Schönheit von Kunst und Steinen, das Licht der Sonne und brennende Kerzen, sichtbare und unsichtbare Verbindungen zu mischen. Es ist eine Gelegenheit für jeden, je nach seinen Bedürfnissen und Wünschen, für ein paar Momente die Gewichte, die ein wenig zu schwer sind, zu Füßen eines aufmerksamen und wohlwollenden Zuhörers abzulegen“, heißt es in einer Erklärung der Hubertusschützenbruderschaft Lendersdorf. 

Maldingen ist ein traditioneller Etappenort der Wallfahrt.

Die erste Etappe führt die Pilger an Christi Himmelfahrt von Lendersdorf nach Kaltherherberg, während die zweite Tagesetappe  Maldingen als Ziel hat. Am dritten Tag pilgern die Wallfahrer von Maldingen bis nach Bastogne, bevor am vierten Tag das Ziel in St-Hubert erreicht wird. Am darauffolgenden Tag begeben sich die Pilger dann zu Fuß mit den selben Zwischenstationen in Bastogne, Maldingen und Kaltherherberg zurück nach Lendersdorf, wo nach einem „triumphalen Empfang“ eine Abschlussmesse mit der gesamten Dorfbevölkerung zelebriert wird. Die Hubertusschützenbruderschaft Lendersdorf hofft jedenfalls, dass im kommenden Jahr eine reguläre Wallfahrt nach St.Hubert erneut stattfinden kann. „Das Denkmal in Maldingen soll dieser Hoffnung Ausdruck verleihen“,  so der Tenor

Quelle: Grenz-Echo 01.06.2021